Gründung Urburschenschaft
Am 12. Juni 1815 im Gasthaus “Grüne Tanne” wurde die Jenaische Burschenschaft ins Leben gerufen.
Die Burschenschaft hat ihren Ursprung in den Befreiungskriegen gegen Napoleon zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Ihre geistigen Vorbilder fand sie in dem patriotischen Schriftsteller Ernst Moritz Arndt, dem Philosophen Johann Gottlieb Fichte und dem “Turnvater” Friedrich Ludwig Jahn. Zusammen mit Karl Friedrich Friesen entwarf Jahn 1811 den ersten Plan für eine “Ordnung und Einrichtung von Burschenschaften”.
Der Befreiungskampf gegen die napoleonische Fremdherrschaft, die schwer auf dem deutschen Volk gelastet hatte, war von den Studenten nicht zuletzt in der Hoffnung geführt worden, daß durch ihn die Zerrissenheit Deutschlands überwunden und ein gemeinsames Vaterland für alle Deutschen geschaffen würde. Mit dem Sieg auf den Schlachtfeldern von Leipzig schien endlich der Tag der nationalen Einheit und demokratischen Freiheit angebrochen.
Der Wiener Kongreß, dem die Aufgabe zufiel, dieses Deutschland zu schaffen, enttäuschte aber alle Hoffnungen. Die um Länder, Grenzen und Titel feilschenden damaligen Fürsten wollten die Zersplitterung Deutschlands verewigen. Die Enttäuschung der Deutschen war groß. Hand in Hand mit der nationalen Begeisterung gingen die Bemühungen um eine sittliche Verbesserung der damals oft ziemlich “verwilderten” Studentenschaft, deren Ziel und Zweck sich oft in Zechen, Fechten, Glücksspiel und Schuldenmachen erschöpfte. Unter diesen Einflüssen entstanden im Wintersemester des Jahres 1814/15 “reformierte” Landsmannschaften, welche burschenschaftliche Ziele vorwegnahmen: die Hallesche, die Tübinger und die Breslauer „Teutonia“.
Die eigentliche Gründung der Burschenschaft erfolgte im thüringischen Jena. Dort lösten sich die örtlichen Landsmannschaften (u. a. Vandalia, Franconia, Saxonia und Thuringia) auf und riefen am 12. Juni 1815 im Gasthaus “Grüne Tanne” die Jenaische Burschenschaft ins Leben. 143 Studenten aus Jena (das war mehr als die Hälfte aller damaligen Studenten) aus den verschiedensten Teilen Deutschlands trafen sich auf dem Marktplatz und zogen in langen Reihen zum Gasthaus “Grüne Tanne”. Die Fahnen der Landsmannschaften wurden symbolisch niedergelegt. In Zukunft sollte nur noch eine einzige, alle Studierende umfassende Verbindung in Jena bestehen: “die Burschenschaft” – was damals soviel wie “Studentenschaft” bedeutete.
Die “Treuhände mit der Ewigkeitsschlange” stammen aus dem Brauch der freimaurerisch beeinflußten studentischen Orden und verkörpern den von diesen vielverwendeten Wahlspruch aus Schillers Lied an die Freude “Ewigkeit geschworenen Eiden”, also die Burschenehre. – Die aufgehende Sonne ist immer als Sinnbild der Freiheit gedeutet worden. Die Eiche stellt das deutsche Volk oder Vaterland dar und ist der Dichtung der Freiheitskriege entnommen. – “Leyer und Schwert” mit Eichenkranz sind dem Titel von Theodor Körners letzter Kriegsliedersammlung entlehnt und zeigen deutlich den Einfluß der Lützower Dichtung auf die Gedankenwelt der Urburschenschaft.
Als Hauptgründer der Jenaischen Burschenschaft gelten Heinrich Riemann aus Friedland, Karl Otto Horn aus Neustrelitz und Karl Herrmann Scheidler aus Gotha. Zu den Gründern gehörte 1815 übrigens, ohne besonders hervorzutreten, auch Ernst von Schiller, der jüngere Sohn des Dichters, damals Student in Jena. Ihr Ziel, alle Studierenden auf deutschen Universitäten in einer Verbindung zu vereinigen, hat die Burschenschaft jedoch nicht erreicht.
Auch an der Festtracht – in der Studentensprache: “Wichs” – hat sich bis heute nichts geändert: schwarze Hose und Pekesche, schwarzes Barett mit Straußenfedern. Mit den neun Einigkeit symbolisierenden Pfeilbündeln im Helmschmuck verweist auch das ca. 1820 entstandene Wappen auf die ursprünglichen neun Vorsteher. Bedeutung des Wappens: Silberner durch schwarz-silbernes sog. “Deutsches Kreuz” gevierter Schild mit silbernem Herzschild, in dem der schwarze Burschenschafterzirkel steht.
1. Feld: In Gold, von Ringschlange umgeben, zwei verschlungene Treuhände
2. Feld: In Blau die aufgehende Sonne
3. Feld: In Rot die grüne deutsche Eiche
4. Feld: In Schwarz goldene Leyer und silbernes Schwert mit grünem Kranz.
Auf dem silbernen Schildrand steht der Wahlspruch: Ehre, Freiheit, Vaterland.
Helmzier: In der Frühzeit ein mit rot-schwarzem Band umwundenes Bündel von neun Pfeilen, später oft drei schwarz-rot-goldene Straußenfeder Helmdecke: rot und schwarz als die ursprünglichen, verfassungsgemäßen Farben.
Mit dem 1. Vers von Ernst Moritz Arndts Lied “Was ist des Deutschen Vaterland?” in der Verfassungsurkunde von 1815 bekannte sich die Burschenschaft zur Einigung des deutschen Volkes. Feierlich erklang hier zum ersten Mal das bis heute vielgesungene Bundeslied von Ernst Moritz Arndt “Sind wir vereint zu guten Stunde”. Komponist war der damals 25jährige Theologiestudent Georg Friedrich Hanitsch, Mitglied der Urburschenschaft.
Wie aus dem bis heute geführten Siegel ersichtlich ist, wählten die 113 Gründungsmitglieder 9 Vorsteher und 21 Ausschußmitglieder. Viele von ihnen hatten zuvor im Lützowschen Freikorps gekämpft. E. V. F. steht für den Wahlspruch “Ehre, Freiheit, Vaterland”. Er ist auch in dem ebenfalls bis heute geführten verschlungenen sogenannten “Zirkel” zu erkennen.
Mit der Forderung nach ehrenhaftem Verhalten verbindet die Verfassung der Deutschen Burschenschaft den Schutz der Menschenwürde als unabdingbare Pflicht. Als Voraussetzungen zur Erlangung der Freiheit müssen beim einzelnen Burschenschafter die Freiheit des Geistes, die Freiheit von Vorurteilen, die Unabhängigkeit und Selbständigkeit des Denkens vorhanden sein. Vaterländisches Ziel der Deutschen Burschenschaft ist die friedliche Verbindung aller Teile des deutschen Volkes in Freiheit in einem gemeinsamen Staat oder im Rahmen eines einigen Europas.
Die erste Fahne der Jenaischen Burschenschaft war zweibahnig Rot und Schwarz. Diese schmucklose Fahne wurde bald durch eine prächtigere, dreibahnige aus doppeltem Atlas in den Farben Rot- Schwarz-Rot mit einem goldenen Eichenzweig in der Mitte und von goldenen Fransen gesäumt, abgelöst. Im unteren roten Streifen die Widmung der Stifterinnen: “Von den Frauen und Jungfrauen zu Jena am 31. März 1816“. Als gemeinsames Eigentum der drei jenaischen Burschenschaften befindet sich diese Fahne heute als Leihgabe im Stadtmuseum zu Jena.
Die Verfassung von 1815, das Mitgliederverzeichnis der Jenaischen Urburschenschaft und das zum Wartburgfest 1817 mitgeführte Burschenschwert sind sorgsam gehüteter Besitz der Burschenschaft Arminia auf dem Burgkeller, die – nach Zerstörung des traditionsreichen Burgkellers in Jena 1945 – heute ihren Sitz auf der wiederhergestellten “Grünen Tanne” hat. Zusammen mit dem Burschenschwert wurde diese Fahne beim Wartburgfest 1817 mitgeführt.
Abgeleitet aus den Uniformfarben des Lützower Freikorps bzw. den Farben der Urburschenschaft entwickelten sich daraus erst nach dem Wartburgfest die Farben Schwarz-Rot-Gold.
Prominente Teilnehmer des Wartburgfestes von 1817
Neben den Gründern der Jenaischen Burschenschaft – Horn, Riemann und Scheidler – sind einige spätere Abgeordnete der Nationalversammlung hervorzuheben:
Außerdem haben folgende bekannte Persönlichkeiten am Wartburgfest teilgenommen:
Bücherverbrennung auf dem Wartenberg
in Wirklichkeit waren es Strohballen
Die „Grundsätze und Beschlüsse“ des Wartburgfestes von 1817
In den Tagen nach der Wartburgfeier durch Heinrich Herrmann Riemann und seinen Mecklenburger Landsmann Karl Johann Heinrich Müller beraten und Ende 1817 auf Grund der Entwürfe der Professoren Heinrich Luden (Jena) und Franz Hegewisch (Kiel) ausgearbeitet. Auch wenn sie offiziell nicht beschlossen, nicht gedruckt, sondern nur handschriftlich verbreitet wurden, entsprachen sie sicher der politischen Grundstimmung der Mehrheit der Jenaischen Burschenschaft. Der Text ist nicht nur für die Frühzeit der burschenschaftlichen, sondern auch der deutschen Einheits- und Verfassungsbewegung überhaupt von außerordentlicher Bedeutung. Der Verfassungshistoriker Ernst Rudolf Huber hat deshalb die “Grundsätze und Beschlüsse” als “das erste deutsche Parteiprogramm” bezeichnet. “Es ist die erste programmatische Zusammenstellung der Leitgedanken des liberalen Nationalismus in Deutschland.” Im Grunde änderte sich bis 1848 und auch darüber hinaus an diesem schon 1818 formulierten liberal-nationalen Programm nichts mehr. Die programmatischen „Grundsätze und Beschlüsse“ von 1817 flossen in die Paulskirchenverfassung von 1849, die Weimarer Verfassung von 1919 und in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland von 1949 ein.
Auswahl der Beschlüsse von 1817
Zur Freiheit der Person: „Das erste und heiligste Menschenrecht, unverlierbar und unveräußerlich, ist die persönliche Freiheit“
Zur Gleichheit vor dem Gesetz: „Alle Deutsche sind Brüder und sollen Freunde sein … Freiheit und Gleichheit ist das Höchste, wonach wir zu streben haben, und wonach zu streben kein frommer und ehrlicher deutscher Mann jemals auf- hören kann. Aber es gibt keine Freiheit als in dem Gesetz und durch das Gesetz, und keine Gleichheit als mit dem Gesetz und vor dem Gesetz. Wo kein Gesetz ist, da ist keine Freiheit, sondern Herrschaft, Willkür, Despotismus. Wo kein Gesetz ist, da ist keine Gleichheit, sondern Gewalttat, Unterwerfung, Sklaverei“
Zur Glaubens- und Gewissensfreiheit: „Die Lehre von der Spaltung Deutschlands in das katholische und in das protestantische Deutschland ist irrig, falsch, unglückselig. Es ist eine Lehre, von einem bösen Feinde ausgegangen … Wir Deutsche haben alle einen Gott, an den wir glauben, einen Erlöser, den wir verehren, ein Vaterland, dem wir angehören … Wenn wir im Sinne dieser Einheit fromm leben und ehrlich handeln, so hat keiner von uns den andern zur Rechenschaft zu ziehen, und alle können alles dem Allerbarmer vertrauensvoll anheimgeben“
Zur Meinungs- und Pressefreiheit: „Das Recht, in freier Rede und Schrift seine Meinung über öffentliche Angelegenheiten zu äußern, ist ein unveräußerliches Recht jedes Staatsbürgers, das ihm unter allen Umständen zustehen muß … Wo Rede und Schrift nicht frei sind, da ist überhaupt keine Freiheit, da herrscht nicht das Gesetz, sondern die Willkür. Wer das Recht des freien Gedankenverkehrs durch Rede und Schrift den Bürgern zu entziehen, zu verkümmern und wegzukünsteln sucht, der begeht Frevel an seinem Volk“
Zum Eigentum: „Alle Gesetze haben die Freiheit der Person und die Sicherheit des Eigentums zum Gegenstande… Ebenso kann einem freien Manne von seinem Besitz nur das abgefordert werden, was er selbst bewilligt oder zu geben versprochen hat. Wo ein anderer ihm nehmen kann, was er will, wann er will, soviel er will, da herrscht die Gewalt“
Historie
Die Idee, die 300-Jahrfeier der Reformation zusammen mit dem 4. Jahrestag der Schlacht bei Leipzig als nationales deutsches Studentenfest auf der Wartburg zu feiern, stammt wahrscheinlich aus dem Kreis der Turner um Friedrich Ludwig Jahn, vielleicht sogar vom „Turnvater“ selbst. Pfingsten 1817 beschlossen Vertreter der Halleschen und Jenaer Burschenschaft in Naumburg, „um eine engere Verbindung zwischen den deutschen Hochschulen zu erstreben … an alle Universitäten zu schreiben und zu einer Versammlung auf die Wartburg … einzuladen“.
Am. 11. August lud Robert Wesselhöft im Namen der Jenaer Burschenschaft Vertreter der Studentenschaften von 13 evangelischen (bzw. vorwiegend evangelischen) Universitäten ein. Die Tage auf der Wartburg sollten vor allem einer „ersten freudigen und freundschaftlichen Zusammenkunft deutscher Burschen von den meisten vaterländischen Hochschulen“ dienen. Von liberalen patriotischen Professoren unterstützt, erteilte Großherzog Karl-August die Genehmigung und stellte die Burg zur Verfügung. Eisenachs Bürger hielten zudem unentgeltlich und ausreichend Privatquartiere bereit.
Die Wartburg lag 1817 im Zentrum des damaligen von 38 Staats- und Zollgrenzen zerrissenen Gebietes des Deutschen Bundes. Sie befand sich auf dem Territorium des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach mit hohem bürgerlichen Geistesleben (Goethe als Geheimrat – Minister für die Landesuniversität Jena). Für Martin Luther war die Wartburg eine Asylstätte. Einzeln, häufiger aber in Gruppen, trafen die meisten Studenten bereits am 16. und 17. Oktober in Eisenach ein. Fast alle waren zu Fuß gewandert. Der alte Gasthof “Zum Rautenkranz” am Markt war von der Burschenschaft zum Empfangsbüro bestimmt worden. Hier lag auch eine Teilnehmerliste aus, in die jeder Ankommende sich einzutragen hatte.
Mit dem Wartburgfest 1817 traten die Burschenschaften zum ersten Mal an die Öffentlichkeit. Es war die erste große politische Manifestation im Deutschland der Restaurationszeit. Das Burschenschwert in der Hand, führte der Jenaer Student und spätere Philosophieprofessor Karl Herrmann Scheidler am 18. Oktober 1817 den Festzug an. Im Burghof wurden die Teilnehmer von den Jenaer Professoren Kieser, Luden, Oken und Schweitzer sowie von zahlreichen Ehrengästen erwartet.
Im Festsaal vereinten sich die Studenten zu einer eindrucksvollen Kundgebung. Hauptredner war der Theologiestudent Heinrich Herrmann Riemann. Er erläuterte den Zweck des Festes: „ … daß wir gemeinschaftlich das Bild der Vergangenheit uns vor die Seele rufen, um aus ihr Kraft zu schöpfen für die lebendige Tat in der Gegenwart, … daß wir unserem Volke zeigen wollen, was es von seiner Jugend zu hoffen hat, welcher Geist sie beseelt, wie Eintracht und Brudersinn von uns geehrt werden, wie wir ringen und streben, den Geist der Zeit zu verstehen“.
Nach Riemann sprachen die Jenaer Professoren Fries und Oken zu den jugendlichen Teilnehmern. Am Nachmittag standen ein öffentlicher Festgottesdienst in der Eisenacher Hauptkirche sowie ein fröhliches Volks- und Turnfest auf dem Programm.
Den Schluß bildete am Abend ein weithin leuchtendes Siegesfeuer auf dem nahen Wartenberg gegenüber der Wartburg. Deutlicher als Riemann prangerte dabei der Philosophiestudent Ludwig Rödiger die unerfüllten Verfassungsversprechen der Fürsten und die neuerliche Mißachtung des mündig gewordenen Volkes an: „Wer bluten darf für das Vaterland, der darf auch davon reden, wie er ihm am besten diene im Frieden“.
Im Anschluß daran kam es zu jener folgenreichen, im offiziellen Programm nicht vorgesehenen, aber von der Mehrzahl der Anwesenden mit Jubel applaudierten Bücherverbrennung. Anführer war der Berliner Hans Ferdinand Maßmann, als “geistiger Vater” darf man aber sicher Jahn vermuten.
In Anlehnung an die Verbrennung der päpstlichen Bulle und der kanonischen Rechtsschriften durch Luther 1520 wurden Bücher und Schriften reaktionären Inhalts – in Wirklichkeit waren es geschnürte Makulaturballen – ins Feuer geworfen.
Den Flammen übergeben wurden auch Symbole des Absolutismus:
Die Rede Rödigers und die anschließende Verbrennungsszene waren der schärfste Ausdruck studentischen Aufbegehrens. In Erinnerung an das Wartburgfest von 1817 wurden in Eisenach einige Straßen nach prominenten Teilnehmern dieses Festes z. B. Riemann, Jahn, Oken, Maßmann, Fries und Rödiger benannt.
Die Ende der 1830er Jahre einsetzende Progreßbewegung, die sich nicht auf die Burschenschaft beschränkte, wollte alle den Bürger vom Akademiker trennenden Besonderheiten des studentischen Lebens beseitigen. Die Forderungen nach Abschaffung der studentischen Verbindungen mit ihrem überkommenen Brauchtum und der akademischen Gerichtsbarkeit schoß jedoch weit über das Ziel hinaus, verkannte den Wert der Tradition und widersprach demokratischen Grundsätzen. Anstelle der Verbindungen sollten „Allgemeinheiten“ treten, vielfach wurde sogar die Bezeichnung „Burschenschaft“ aufgegeben.
Ihren Höhepunkt erreichte die Progreßbewegung in Jena, wo die Burgkellerburschenschaft eine führende Rolle übernahm. Angesichts der Zersplitterung Deutschlands in eine Vielzahl von Ländern des Deutschen Bundes schrieb der Schriftsteller, Germanistikprofessor und Bonner Burschenschafter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben 1841 auf der damals noch britischen Insel Helgoland das „Lied der Deutschen“. Verbunden mit der Melodie Haydns von 1797 wurde es 1922 von dem Sozialdemokraten Friedrich Ebert zur deutschen Nationalhymne erklärt.
Bei der Pfingsten 1848 auf der Wartburg stattgefundenen allgemeinen deutschen Studentenversammlung, dem Zweiten Wartburgfest, an dem sich etwa 1200 Vertreter aller deutschen Universitäten beteiligten, ging die Front mitten durch die Burschenschaften und die Corps.
Vor allem unter dem Einfluß einiger Progreßburschenschaften wurden sehr weitgehende Beschlüsse gefaßt, z.B. die Schaffung einer deutschen Gesamtstudentenschaft oder die Beteiligung der Studentenschaft an der Wahl der akademischen Behörden und bei der Besetzung der Lehrstühle. Ein Beschluß, der sich für die hochschulpolitische Entwicklung als von besonderer Bedeutung erweisen sollte, war der, an jeder Universität eine Studentenschaft zu gründen, deren gewählte Vertreter jedes Jahr zu einer Versammlung der gesamten deutschen Studentenschaft kommen sollten. Die zu diesem Treffen formulierten Ziele wurden nicht annähernd erreicht, die nach Frankfurt gesandte Petition blieb unbeachtet.
Reformen waren höchstens in Ansätzen zu verzeichnen und drohten im Sande zu verlaufen. Auch die Formierung der Allgemeinen deutschen Studentenschaft war nur vereinzelt betrieben worden. Der Progreß verlor zunehmend an Boden und zerfiel nach 1849.
Die erste deutsche Nationalversammlung
Die Eröffnung der Nationalversammlung in der Paulskirche am 18. Mai 1848 markiert einen der größten Augenblicke in der neueren deutschen Geschichte. Die Stunde der von der Burschenschaft erträumten und mit Opfern vorbereiteten Gründung eines deutschen Staates in Freiheit schien gekommen zu sein.
Die Frankfurter Paulskirche ist ein Symbol der deutschen Einheit und der deutschen Demokratie.
In ihr versammelte sich 1848 die erste deutsche Nationalversammlung mit dem Ziel einer gemeinsamen deutschen Nation und einer demokratischen Staatsverfassung.
Von dem damaligen Verfassungsentwurf führt der Weg hin zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Die zweifache Aufgabe der Nationalversammlung war es, eine freiheitliche Verfassung zu erarbeiten und einen Nationalstaat zu schaffen.
Wir wissen, daß sie hierin gescheitert ist. Die Paulskirche ist zugleich auch ein äußeres Sinnbild für das Wiedererstarken der Demokratie in Deutschland und für die Einheit der Nation nach der entstandenen Teilung Deutschlands als Folge des Zweiten Weltkriegs.
Ebenso wie beim Zweiten Wartburgfest, bei dem sowohl auf der Linken als auf der Rechten Burschenschafter führend hervortraten, gab es auch in der Frankfurter Nationalversammlung von 1848/49 eine große Anzahl von Burschenschaftern, viele von ihnen in führenden Positionen. Stellvertretend für alle sei Heinrich von Gagern, der erste gewählte Präsident dieses ersten gesamtdeutschen Parlaments, der als Student Mitglied der Heidelberger sowie führender Repräsentant der Jenaischen Burschenschaft war, genannt.
(erster Dachverband)
Das tragische und folgenschwere Scheitern der deutschen Einheits- und Freiheitsbestrebungen, die bis in die 1860er Jahre anhaltenden Verfolgungen sowie die internen Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Progresses, der Politik, der Hochschulpolitik und der Satisfaktion brachten die burschenschaftliche Bewegung fast völlig zum Erliegen. Zwar führten die patriotischen Schillerfeiern 1859 zur Gründung zahlreicher neuer Burschenschaften, vor allem in Österreich, blieben aber ohne dauernde und tiefere Wirkungen. Nach der Reichsgründung 1871 glaubten nicht wenige, das Ziel der Burschenschaft sei erreicht. Auf Einladung der drei Jenaischen Burschenschaften schlossen sich 1881 in Eisenach die Burschenschaften an reichsdeutschen Universitäten zum “Allgemeinen Deputierten-Convent” (ADC) zusammen, der sich 1902 in “Deutsche Burschenschaft” umbenannte. Was viele der in dieser Zeit bestehenden Burschenschaften von den früheren unterscheidet, dürfte in folgenden Punkten liegen:
1. eine einheitlichere Bundesverfassung,
2. ein strafferes Verbindungsleben,
3. die unbedingte Bestimmungsmensur,
4. die häufige Abkehr von früheren demokratisch-liberalen Grundsätzen zugunsten einer monarchistisch-konservativen Gesinnung,
5. die Zurückdrängung von Juden, die zuvor noch problemlos Mitglieder von Burschenschaften waren, und eine wachsende Neigung zum Antisemitismus.
Auf einer Tagung des Allgemeinen Deputierten-Convents im November 1889 in Berlin nahm der Plan, den für die Einigung Deutschlands gefallenen Burschenschaftern ein Denkmal zu setzen, Gestalt an. Als Standort für das Denkmal wählte man Eisenach. Doch schon bald war man sich einig, weit mehr als ein übliches Kriegerdenkmal zu erbauen. Es sollte allen gewidmet sein, die an der deutschen Einheit mitgewirkt hatten. Dafür gründete sich nach einigen Anläufen in Eisenach ein Burschenschaftsdenkmalverein. 1883 initiierte Dr. Konrad Küster (Burschenschaft Frankonia-Bonn) eine Reform des burschenschaftlichen Lebens, die auf die gesamte Studentenschaft ausgedehnt werden sollte. Seine Kritik richtete sich u. a. gegen die Lebensführung der Aktiven, den Mangel an wissenschaftlichen und vaterländischen Bestrebungen, die Überbewertung der Mensur und einen übertriebenen Alkoholkonsum. Seine Reformvorschläge wurden 1883 vom ADC mit Mehrheit abgelehnt. Die von ihm gegründeten Reformburschenschaften, seit 1883 im “Allgemeinen Deutschen Burschenbund” (ADB) zusammengefaßt, fanden nach 1933, endgültig nach dem Zweiten Weltkrieg – von wenigen Ausnahmen abgesehen – ihren Weg zur Deutschen Burschenschaft.
Küsters Initiative blieb aber nicht ohne Wirkung. In der Folgezeit wurden Mißstände im Mensurwesen abgestellt und die vaterländischpolitische Bildungsarbeit verstärkt. Die Burschenschaftlichen Blätter 1887 wurden die “Burschenschaftlichen Blätter”, 1892 das Burschenschaftliche Archiv und die Burschenschaftliche Bücherei, 1909 die “Burschenschaftliche Historische Kommission” gegründet. Die Mittel der 1890 ins Leben gerufenen „Vereinigung alter Burschenschafter“ (VaB) ermöglichten die Errichtung des Burschenschaftsdenkmals. Erster Schriftleiter der “Burschenschaftlichen Blätter” wurde der Jenenser Germane Dr. Gustav Heinrich Schneider. Er leitete als Aktiver den ersten Burschentag nach Gründung des “Allgemeinen Deputierten-Convents” (ADC). Schneider trat u. a. nachdrücklich dafür ein, für die nach vielen Kämpfen im ADC vereinten Burschenschaften ein Nachrichtenblatt zu schaffen, das auch den Zusammenhalt zwischen jung und alt fördern sollte. Er blieb die treibende Kraft bei der Gestaltung der „Burschenschaftlichen Blätter“, die er zwölf Jahre leitete.
Die Errichtung des Burschenschaftsdenkmals
Für die Planung und Errichtung des Denkmales gründete sich 1890 anläßlich der 75-Jahrfeier der Burschenschaft die Vereinigung alter Burschenschafter, ein Zusammenschluß der im Berufsleben stehenden „Alten Herren“. Jedes Mitglied mußte jährlich sechs Mark spenden. Verschiedene Standorte und Gestaltungsmöglichkeiten des Denkmals wurden ins Auge gefaßt. Auch der Wartenberg war im Gespräch, aber da er so weit ab von der Stadt lag und nicht bewaldet war, fiel die Entscheidung auf den jetzigen Standort, die Göpelskuppe. Die Stadt Eisenach finanzierte dafür die Erschließung von Straßen zur Göpelskuppe mit 4.000 Mark. Es wurde ein Wettbewerb zur Gestaltung des Denkmales ausgeschrieben, den der Dresdner Architekt Wilhelm Kreis gewann.
Baubeginn war 1900. 1902 wurde der Bau vollendet und am 22. Mai 1902 als “Kaiser-Wilhelm-Denkmal der deutschen Burschenschaften” eingeweiht. Die Einweihungsfeier war ein großartiges Ereignis. 2000 Personen mit 100 Burschenschaftsfahnen zogen in einem Festzug zum Denkmal. Salutschüsse und Lohengrin-Marsch eröffneten die Festreden. Neun Säulen von mehr als zwei Meter Durchmesser ragen 14 Meter empor. Sie symbolisieren die deutschen Burschenschaften.
Sie werden von einem Architrav, auf dem die Worte: “Ehre, Freiheit, Vaterland” stehen, zusammengehalten. Darüber das schlicht gegliederte Hauptgesims. Weiter oben zieren sechs aus Stein gehauene Köpfe deutscher Männer, wie Hermann der Befreier, Karl der Große, Luther, Dürer, Goethe und Beethoven das Denkmal.
Es folgen sechs Kragsteine, über denen neun Tore durch neun Adler bewacht werden. Den Abschluß bildet ein sechs Meter hoher Helm – Gesamthöhe des Denkmals: 33 Meter. Eine schwere eisenbeschlagene Tür führt unter der Inschrift “Dem geeinten Vaterlande” in das Innere des Denkmals.
Das Burschenschaftsdenkmal
Im Innenraum standen fünf etwa 2,70 m hohe Statuen Kaiser Wilhelms, Moltkes, Roons, Bismarcks und Herzog Carl Augusts von Sachsen-Weimar-Eisenach im Rund der Halle, dazwischen vier Gedenktafeln mit den Namen von 87 Burschenschaftern, die in den drei Kriegen Preußen-Deutschland gegen Dänemark, Österreich und Frankreich zwischen 1864 und 1871 ihr Leben verloren. Neben dem Erbauer leiteten Baurat Dittmar und Ingenieur Kratz aus Eisenach den Bau. Die Figur “Karl August” schuf der in Eisenach geborene Bildhauer Hosaeus. Die Steinhauer-, Erd- und Mauerarbeiten wurden von Mauermeister Gustav Stein in Eisenach geliefert.
Den Fuß jeder Tafel schmückten Opferflammen, oberhalb waren die Namen der Wegbereiter, Mitgründer und Förderer der Burschenschaften eingemeißelt: Arndt, Fichte, Jahn, Horn, Riemann, Scheidler, Oken, Fries und Luden. Als Baumaterial wurde Muschelkalk verwendet. Der Raum war durch die Fenstergestaltung in ein bläuliches Licht getaucht, ein Deckengemälde zeigte die aus der nordischen Mythologie bekannte “Götterdämmerung”. Die Ausgestaltung übernahm Prof. Otto Gussmann aus Dresden.
Schon bald nach der 1902 erfolgten Fertigstellung des Burschenschaftsdenkmals entstand bei den Burschenschaften der Wunsch nach einem Haus als Mittelpunkt burschenschaftlichen Lebens, verbunden mit einer öffentlichen Gaststätte. Wieder wurde der Architekt Wilhelm Kreis mit den Entwürfen betraut.
Die Grundsteinlegung für das Burschenhaus erfolgte im Mai 1913. Krieg und finanzielle Engpässe führten jedoch zu Verzögerungen, die eine Fertigstellung schließlich erst 1922 erlaubten. Nach 30 Jahren, während der Weimarer Republik, wurde das Denkmal um eine Gedenkstätte für die Toten des Ersten Weltkrieges unterhalb im Vorgelände des Denkmals erweitert. Am 4. Juni 1933 wurde aus Anlaß des Pfingsttreffens der Burschenschaften die terrassenförmig angelegte Anlage eingeweiht. Ein Gedenkstein, die Langemarck-Gedenkstätte, zeigte die aus ihren Gräbern emporsteigenden Geister der im Ersten Weltkrieg gefallenen Burschenschafter (ca. 3.300) mit Racheschwertern. Der Zweite Weltkrieg brachte dem Denkmal keine Schäden. Durch Befehl Nr. 30 des Alliierten Kontrollrates wurde jedoch diese 2. Gedenkstätte zerstört, da sie angeblich den Militarismus verherrliche.
Zwangsauflösung der Burschenschaften mit Zug zur Wartburg und Fahnenübergabe an den Nationalsozialistischen Studentenbund Deutschlands
Wenngleich Korporierte an vielen Hochschulen zu den Gründungsmitgliedern des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes (NSDStB) zählten, verhielten sich die Verbände gegenüber der NS- Studentenorganisation zunächst reserviert. Die zunehmenden Eingriffe der Nationalsozialisten in die Eigenständigkeit der Korporationen und der Druck auf deren jüdische und freimaurerische Mitglieder führten auch bei vielen Burschenschaften zu einer wachsenden Opposition. Die Bonner Burschenschaften Alemannia und Frankonia sowie die Erlanger Burschenschaft der Bubenreuther waren schon im April 1934 aus der Deutschen Burschenschaft ausgeschlossen worden, weil sie sich weigerten, ihre “nichtarischen” Mitglieder auszuschließen. Wie bei den anderen Korporationsverbänden kam es jedoch auch innerhalb der Burschenschaft zu keinem organisierten Widerstand. Dennoch fanden einzelne Burschenschafter den Weg zum Widerstand, und prominente Burschenschafter warnten schon früh vor den Gefahren des heraufziehenden Nationalsozialismus, z. B. der Historiker Friedrich Meinecke (bis 1923 Burschenschaft Saravia- Berlin) und der Soziologe Ferdinand Tönnies (Arminia auf dem Burgkeller-Jena 1872). Zum engeren Kreis des aktiven Widerstands gehörten der Wiesbadener Studienrat Hermann Kaiser (Alemannia auf dem Pflug Halle 1903) und der Heeresrichter Dr. Karl Sack (Vineta-Heidelberg 1914). Im Zusammenhang mit den Ereignissen des 20. Juli 1944 wurden sie kurz vor Kriegsende in Plötzensee bzw. im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet.
Ab November 1934 schlossen sich mehr als 20 ausgetretene oder ausgeschlossene Burschenschaften zu einem eigenen Verband, dem “Altburschenschaftlichen Ring”, der späteren “Alten Burschenschaft”, zusammen. Unter dem Druck der Nationalsozialisten löste sich am 17. Oktober 1935 dieser Verband auf. Auch die anderen Verbände folgten, die Altherrenverbände blieben meist bestehen. In einer geschmacklosen Nachahmung des Wartburgfestes wurde am 18. Oktober 1935 die Deutsche Burschenschaft zwangsaufgelöst und die Fahnen der Burschenschaften auf der Wartburg an den Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund übergeben.
Mit der erzwungenen Auflösung und Gleichschaltung der Deutschen Burschenschaft suchten die damaligen Machthaber, die Verfechter urburschenschaftlicher Ideale und Ziele mundtot zu machen, was ihnen jedoch nur teilweise gelang. Am 12. Januar 1935 entstand eine “Gemeinschaft studentischer Verbände”, die vorübergehend die Anerkennung als Gesamtvertretung aller studentischen Verbände gegenüber der NSDAP erreichte, aber sich schon am 8. September 1935 wieder auflösen mußte.
Den Todesstoß erhielt das Verbindungswesen schließlich durch eine Anordnung des “Stellvertreters des Führers”, Rudolf Heß, mit der allen studierenden Angehörigen der NSDAP die Mitgliedschaft bei einer Korporation verboten wurde. Nachdem sich viele Burschenschaften bereits Ende 1935 aufgelöst hatten, folgten jetzt auch die meisten anderen diesem Beispiel, nur wenige konnten sich bis zum Sommersemester 1936 halten.
Eine Wandlung bahnte sich seit dem Jahre 1938 an, als Dr. Gustav Adolf Scheel, vormals Mitglied des VDSt, einer Reihe von Altherrenschaften die Zustimmung zur Aufnahme von Kameradschaften in ihre Häuser gab. Diese Kameradschaften standen häufig in Opposition zum NSDStB. Entsprechend getarnt, konnten sie vielfach burschenschaftliche Traditionen fortführen, was für die Wiederbegründung einzelner Burschenschaften und des Dachverbandes nach dem Zweiten Weltkrieg von erheblicher Bedeutung war. Nach der Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg standen die Burschenschafter vor einem Neubeginn. Schon kurz nach der Wiedereröffnung der ersten Universitäten trafen sich Studenten, die z.T. burschenschaftlichen Kameradschaften angehört hatten und dafür eintraten, die Burschenschaften wieder ins Leben zu rufen. Am 26./27. November 1949 wurde die “Marburger Arbeitsgemeinschaft deutscher Studentenverbindungen” gegründet, die sich den burschenschaftlichen Wahlspruch “Ehre, Freiheit, Vaterland” zu eigen machte. 1950 wurden die “Deutsche Burschenschaft” und die “Vereinigung alter Burschenschafter” wiedergegründet, 1952 der “Allgemeine Delegierten- Convent der österreichischen Burschenschaften” (ADC) ins Leben gerufen. Seit ihrer Wiedergründung hat sich die Deutsche Burschenschaft auch mit ihrer eigenen Geschichte kritisch auseinandergesetzt. Unstrittig waren stets die Ablehnung jeder Form persönlicher Diskriminierung, der Einsatz für die demokratische Staatsform und das Eintreten für ein einiges Europa in der Gemeinschaft freier Völker. Zentrales Thema blieb die Wiedervereinigung Deutschlands. 1965 erfolgte die Gründung eines Dachverbandes der österreichischen und bundesdeutschen Burschenschaften. Der Volksaufstand in Mitteldeutschland am 17. Juni 1953 und der Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 waren in den folgenden Jahren häufig Anlaß, durch Veranstaltungen, Auf- rufe und andere Aktionen die Notwendigkeit der Wiederherstellung der Einheit und Freiheit des gesamten deutschen Vaterlandes zu unterstreichen.
Pläne der SED-Regierung und Rückübertragung des Eigentums
Ähnlich wie im Dritten Reich neben dem NSDStB hatten die selbstbestimmten freiheitlichen Burschenschaften in der DDR neben der FDJ keinen Raum, auch wenn man dort versuchte, das “wahre” (und im Westen vorgeblich “verratene”) Erbe der Urburschenschaft für die Ziele des sozialistischen Staates zu vereinnahmen. Die Burschenschaften waren zu DDR-Zeiten verboten. Dennoch entstanden schon seit Mitte der 80er Jahre vor allem in Mitteldeutschland im verborgenen korporationsähnliche Zusammenschlüsse von Studenten. Der SED-Regierung war das Burschenschaftsdenkmal immer ein Dorn im Auge, war es doch ein stilles Mahnmal für die deutsche Einheit geblieben. So gab es verschiedene Pläne zur Umgestaltung bis hin zum Gedanken der Sprengung. Somit blieb es sich schließlich selbst überlassen und damit dem baulichen Verfall preisgegeben, die Glasfenster waren mutwillig zerstört, die Statuen abtransportiert. Der Eisenacher Stadtrat Förster nannte drei Möglichkeiten zur Lösung des Problems:
1. Einfachste Verglasung der Fenster mit Drahtgitterschutz gegen Steinwurf, Versperrung des Inneren, über dessen Umgestaltung zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden sollte.
2. Überlassung des Baues an eine wissenschaftliche Institution (z. B. Sternwarte).
3. Umgestaltung des Denkmales zu einer Ruhmeshalle für Träger der Humanität und die dem gesellschaftlichen Fortschritt dienende deutsche Wissenschaft (zuvorderst für die Begründer des „wissenschaftlichen Sozialismus“: Karl Marx und Friedrich Engels). Man entschloß sich, vorerst die Fenster zuzumauern und die Tür zu versperren. 1986 bildete sich unter der Leitung des Eisenacher Bauingenieurs H. J. Lehmann eine private Interessengemeinschaft für Denkmalpflege, die sich um die schlimmsten Schäden kümmerte. Da das Denkmal mit dem dazugehörigen Burschenhaus (jetzt “Berghotel”) erst im Jahre 1953 enteignet worden war, gelang es dem 1990 neu gegründeten Denkmalerhaltungsverein Eisenach e. V. als dem Traditionsnachfolger des alten Denkmalvereins, in schwierigen Verhandlungen das gesamte Areal am 1. März 1991 zurückzuerhalten. Durch die Wiedererlangung des Eigentums am Burschenschaftsdenkmal und am Berghotel in Eisenach sowie deren Restaurierung und Bewirtschaftung wurden von der Deutschen Burschenschaft wichtige Aufgaben angenommen und erfolgreich durchgeführt. Im Mai 1991 konnte zum ersten Mal nach nationalsozialistischer und kommunistischer Diktatur in Deutschland wieder ein Burschentag in der angestammten Heimat der Deutschen Burschenschaft in Eisenach durchgeführt werden. Seitdem wird an der Restaurierung gearbeitet. Die Bausubstanz konnte wiederhergestellt werden, die Arbeiten im Inneren wurden in Angriff genommen. Die Mittel dafür tragen die Burschenschaften. Das Land Thüringen hat sich großzügig daran beteiligt, um ein Kulturgut zu erhalten, dessen Bedeutung weit über ein “Vereinsdenkmal” hinausgeht. Es bleibt noch viel zu tun, um es den künftigen Generationen – auch den jungen Burschenschaftern -nicht nur als Zeuge seiner Zeit, sondern weiterhin als Denk- und Mahnmal wieder im alten Glanz zu zeigen.